Zerrbilder

Vorwort: geschrieben von Katja Bröskamp, 2023

Illustration

Kunstverein Osterholz, Tag der Offenen Ateliers Osterholz Scharmbeck, 2024

Die Künstlerin Daniela Doreen Revink beschäftigt sich in ihrer Serie Zerrbilder mit den Irritationen, die das Leben durcheinander bringen können. Im Jahr 2015 dreht es sich in dem Werk Offen! noch um die individuelle Auseinandersetzung mit dem Zufall, in der ein Riss in der Leinwand eine Entscheidung mit dem Ungewohnten provoziert. Tastende Farbspuren und Collageschnipsel mäandern um den Riss herum. Sie sind die Symbole der Zerrissenheit, die das Neue, Ungewohnte, aber vor allem Lästige in die gewohnten Abläufe integrieren wollen. Der Riss verlangt eine Entscheidung, die, wie Daniela Doreen Revink konstatiert, auch ein wagemutiger Schritt sein kann, der „das Gewohnte mit neuen Facetten“ bereichert, „die sonst nie erlebt werden können“.
Irritationen der ganz anderen Art waren die drei Pandemiejahre, welche die Diskrepanz zwischen verordnetem Rückzug und der globalen Suche nach einem normalen Leben offenbarten. Der Status Quo wurde durch Krankheit bedroht, deren Ausmaß nicht einschätzbar war. Drei Werke drehen sich um diese Zeit. Es geht nicht mehr nur um eine individuelle Auseinandersetzung, mit dem, was sie Ein fast normales Leben nennt. Revink reflektiert ihre Eindrücke und Gedanken in Farben und bewusst gesetzten Collagematerialien. Mattes Schwarz wuchert dem entgegen, was wir Leben nannten. Leben ist ein Ausnahmezustand geworden, versucht in Orange und Rot den dichter werdenden Ring von steigenden Krankheits- und Todesfällen zu durchbrechen.
Die Begleiterscheinungen des Lockdowns thematisiert sie in ihrem Bild Wenn die Sprache zur Waffe wird. Daniela Doreen Revink wird deutlich. Sie lässt die rote Farbe variantenreich die Leinwand einteilen. Blutrote spritzende Kaskaden begegnen und überdecken gespachtelte Flächen und graues Liniengewirr, die den dynamischen Prozess der Kommunikation widerspiegeln. Ohnmächtig angesichts der Assoziationen und dennoch schön.
Die Farben werden in Daniela Doreen Revinks Bildern heller. In Wer den Ausnahmezustand beherrscht breitet sich das Chaos gleich einer wachsenden Eisdecke über das Bild aus. Eine Notlage löst Unordnung und Zerstörung aus. Der Riss von 2015 war nur eine Vorahnung auf gravierende Entscheidungen. Revink setzt dem Chaos einen pragmatischen Verstand entgegen, was an Schillers Analogie von Emotion und Verstand erinnert.
Die Herausforderungen, denen die Welt in den letzten fünf Jahren konstant gegenüberstand, nahm Daniela Doreen Revink zum Anlass, sie in Farbe und Abstraktion zu fassen. Die unterschiedlichen Reaktionen, die das politische und soziale Leben beeinfluss(t)en und verzerr(t)en, spiegeln sich in ihrem Duktus wider. Begleitend zu ihren Leinwandbildern entstanden viele Radierungen und Collagraphien, in denen sie mit den Werkstoffen Farbe und Collage experimentierte. Daniela Doreen Revink hat ihre Entscheidungen getroffen: ihre Kunst ist im Aufbruch.

Serie ZERRBILDER

»Wo wäre ein guter Ort«

Mixed-Media-Collage auf Leinwand, 80 x 100 cm, 2024

(Acryl, Marmormehl, Ölkreide, Zeitung, Gesso, Seidenpapier, Kohle, Graphit, Schellack)

Wir leben in einer ungewissen Welt, die sich im Wandel befindet. Es scheint eine Transformation bevorzustehen und viele sind auf der Suche nach einem guten Ort. Alles, was vertraut scheint, wird irgendwie fremd. Eine Atmosphäre der Unsicherheit wünscht sich Hoffnung, denn morgen ist nicht alles besser. Setzen wir uns mit unseren Ängsten und Träumen in Bezug auf die Zukunft auseinander und haben Mut, unseren Weg in diese neue Zeit zu finden.

Serie ZERRBILDER

»Wer den Ausnahmezustand beherrscht«

Mixed-Media-Collage auf Leinwand, 80 x 100 cm, 2021

(Acryl, Sand, Klebeband, Ölkreide, Zeitung, Gesso, Seidenpapier, Kohle, Graphit)

Der Not wird nachgesagt, sie kenne kein Gesetz. Wissen Sie wirklich
genau, was Sie tun in Ihrem notwendigen Zustand der Ausnahme?
Krisenzeiten bringen Unordnung und Chaos-Zustände hervor, die
normalerweise undenkbar sind. Beherrschung ist unmöglich, so
scheint es. Dabei wäre es ganz einfach, würde der Verstand in
dem Chaos wiedergefunden werden.

Wenn etwas aus Not geschieht, geschieht es legitimerweise, da Not, was nach dem Gesetz nicht legitim ist, legitimiert.

Magister Gratianus

Serie ZERRBILDER

»Wenn die Sprache zur Waffe wird«

Mixed-Media-Collage auf Leinwand, 80 x 100 cm, 2021

(Acryl, Klebeband, Ölkreide, Zeitung, Beize, Gesso, Schellack, Graphit)

Spitze Worte, scharfe Worte, laut oder leise können verletzen. 280 Zeichen gezwitschert fühlen sich an, wie ein Dolch in der Brust, der sich nicht entfernen läßt. Unbedachte Äußerungen vervielfältigen sich zu einem Sturm der Entrüstung, der sich entfesselt nicht mehr einfangen lässt. Sprache ist etwas Einzigartiges, was uns als Menschen auszeichnet. Das sollte nie vergessen werden.

Serie ZERRBILDER

»Ein fast normales Leben«

Mixed-Media-Collage auf Leinwand, 80 x 100 cm, 2021

(Acryl, Marmormehl, Klebeband, Ölkreide, Zeitung, Beize, Gesso, Seidenpapier, Kohle, Graphit)

Was ist ein normales Leben? Welchen Maßstab setzen wir an ein
normales Leben? Was ist wirklich wichtig im Leben? Orientieren wir uns an gesellschaftlichen Regeln oder denken wir quer? Geben wir unserer eigenen Individualität einen anderen Stellenwert als den der anderen? Wir können nur gemeinsam weiterleben in dieser Welt.

Serie ZERRBILDER

»Offen!«

Mixed-Media-Collage auf Leinwand, 80 x 100 cm, 2015

(Zeitung, Seidenpapier, Klebeband, Acryl, Kohle, Graphit, Ölkreide)

Der Riss in der Leinwand. Zufall oder Absicht? Akzeptieren oder
Vertuschen? Schmerzhafte Wunde oder Chance auf Durchblick?
Die alltägliche Zerrissenheit, in der Träume mit Zwängen konkurrieren, zeigen Gegensätze auf, die vielleicht keine sind. Das Tolerieren von
Ungewohntem bereichert mit neuen Facetten, die sonst nie erlebt
werden können.

Mein Atelier

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Adresse

c/o fluxmedien®Bogenstraße 3 27729 Lübberstedt